Ultra-Trailrunner hilft Kindern aus Krisengebieten

Von unserem Gastautor Jörg Thamer

Jens Wackerhagen, Vater eines siebenjährigen Sohnes, arbeitet als OP Fachkraft im Diakovere Henriettenstift in Hannover. Als er vor einigen Jahren im Operationssaal stand, während Kinder aus Syrien mit Schrapnellverletzungen versorgt wurden, kam ihm die Idee für das Spendenprojekt #jensrennt. Seitdem läuft der passionierte Ultratrailrunner kilometerweit, um Kindern aus Krisengebieten notwendige Operation zu ermöglichen. Dabei ist ihm auch vor 170 km Läufen, wie dem Jurasteig Nonstop Ultratrail oder dem Spine Race nicht bange.  Auf das bislang Erreichte kann er richtig stolz sein: Mittlerweile wurden durch sein Projekt 14 Kinder operiert und haben nun eine bessere Zukunft in ihrer Heimat.

Die Sache mit dem Löffel in der Biwakschachtel

Spine Race – das bedeutet 430 km laufen, nonstop von England bis nach Schottland! Und eben diesen Spine Race musste Jens leider im Januar abbrechen, weil er zehn Kilometer vor dem Ziel aus medizinischen Gründen aus dem Rennen genommen wurde. Dabei empfand der Trailrunner das Rennen bereits bis Kilometer 360 als Kraftakt. Unzählige Blizzards waren durchzustehen. Trotz 15 km Whiteout* schaffte es Jens über den höchsten Punkt des Rennens. Innerhalb eines Tages gab es unglaublich viel Neuschnee, mit teilweise hüfthohen Schneeverwehungen zum Ende hin. Das Rennen wurde sogar zwischenzeitlich für acht Stunden wegen einer weiteren Schlechtwetterfront unterbrochen. Trotzdem schaffte es Jens sich bei Kilometer 360 auf Platz 12 zu laufen. Im Nachhinein vermutlich einer der Knackpunkte, warum er am Ende scheiterte.

* Zur Erklärung: Ein Whiteout ist ein meteorologisches Phänomen, das vor allem in Polargebieten und im Hochgebirge auftritt. Konturen verschwinden. Desorientierung und Beeinträchtigung des Gleichgewichtssinns sind oft die Folge.

Denn plötzlich wandelte sich der Spine Race für Jens von einer anfänglich spirtuellen Reise zum harten Wettkampf. Hinzu kam, dass er weiter mit den schwierigen Verhältnissen zu kämpfen hatte: starker Wind, hohe Schneeverwehungen, eine verlorene Trinkflasche und das Essen wurde knapp. Jens begann kurz vor dem Ziel sogar zu halluzinieren, stürzte immer wieder in den Schnee und war mehrmals kurz davor den „Notfallbutton“ zu drücken. Mit Hilfe eines Rettungsteams erreichte er schließlich „Biwakschachtel 2“, wo er schließlich aus medizinischen Gründen aus dem Rennen genommen wurde. 420 Kilometer gequält und dann fehlten 10 Kilometer bis zum Finish. Jens war sauer auf sich selbst und ihm flossen die Tränen. Aber er wurde von allen gefeiert und man versuchte ihn wieder aufzubauen. Für Januar 2019 hat er die erneute Teilnahme an diesem Kraftakt geplant. Und das sicherlich nicht, weil er seinen Löffel in der Biwakschachtel vergessen hat.

Jörg Thamer sprach für den WRIGHTSOCK-Blog mit Jens Wackerhagen über seine sportlichen Aktivitäten, seine Motivation und seine weiteren Vorhaben:

Jens, uns bewegt die Frage: Wie kamst du auf die verrückte Idee 429 Kilometer von England bis nach Schottland zu laufen?

„Ich habe vor einigen Jahren bereits von diesem Lauf gehört und auch damals einen Film darüber gesehen. Und so kam er recht schnell auf meine Lauf-Wunschliste. Ich war von diesem Abenteuer total angefixt! Eis, Schnee, Wind, Regen, diese unwirkliche Distanz, 18 Stunden Dunkelheit, über seine Grenzen hinaus zugehen und dabei verbunden mit den Naturgewalten zu sein – Hammer! Ich habe mittlerweile dieses Land lieb gewonnen, diese unendlichen Weiten, aber noch viel mehr die gastfreunlichen und liebevollen Menschen dort. Ja, das Spine Race ist nach meinen drei Teilnahmen ein klein wenig Familie für mich geworden.“

Der JUNUT (Jurasteig Nonstop Ultratrail) hört sich dagegen mit 170 Kilometern richtig harmlos an. Was war für dich das Besondere an dieser Veranstaltung?

„Harmlos waren die 170 km bei weitem nicht! Sie taten mir sogar sehr weh, denn das Streckenprofil ist sehr ruppig: Es geht immer auf und ab und dies mit nur kurzen aber teilweise knackigen  Anstiegen, die aber meistens laufbar sind. Das Besondere an diesem Rennen war auch, dass es ein Geburtstagsgeschenk war und ich mich ansonsten wahrscheinlich wegen des Streckenprofils nicht ran getraut hätte.
Aber es ist eine Veranstaltung mit viel Liebe, privat organisiert und professionell durchgeführt. Es fehlt an nichts. Einfach toll und empfehlenswert!“ Beim JUNUT hat man die Wahl zwischen zwei Distanzen, 170 km oder 239 km, für mich sollte nach dem Spine Race die kürzere Distanz reichen. Denn ich wollte ja bereits im Sommer wieder nach England und deshalb keine Verletzung riskieren.“

Wie motivierst du dich eigentlich immer wieder zu solchen Anstrengungen?

„Es geht mir nicht darum, mir den krassesten Lauf herauszusuchen. Mein Hauptmotivationen sind das Naturerlebnis und die Kinder, für die ich bei meinen großen Läufen an den Start gehe um Spenden zu sammeln.“

Wie bereitest du dich auf diese großen Läufe vor?

„Die Vorbereitungen und das Traning sind bei mir immer unterschiedlich und beziehen sich auf die Streckenlänge, das Profil des geplanten Laufes und die Pflichtausrüstung. Dazu gehören Alpenwettkämpfe, Endurance Rennen bzw. Läufe mit vielen Höhenmetern, lange Läufe am Wochenende und dies nicht nach Kilometern sondern nach Zeit. Am Anfang vier Stunden bis hin zu acht Stunden oder länger.
Zur Vorbereitung auf den Spine Race gehörten auch lange Wanderungen, teilweise mit Biwak-Übernachtung. In der Regel mache ich in der Woche mehrere Läufe zwischen 15 und 21 Kilometern. Das Training wird gerade zum Ende hin schwieriger, weil ich dann endlich los will. Da hilft dann nur das Motto ‚Ohne Fleiß kein Preis‘.“

Welche Gedanken gehen einem so während des Laufens durch den Kopf und wie fühlt man sich, wenn man am Ziel ist?

„Man erlebt während solcher Rennen viele Höhen und Tiefen. Bei ganz langen Rennen, bei denen man auch lange alleine unterwegs ist, hat man viel Zeit, sich mit sich selbst zu beschäftigen, den Alltag zu verarbeiten, aber auch sich zu reduzieren und die Natur ganz nah zu erleben. Das Gefühl im Ziel ist großartig, ein Wechselspiel zwischen Erleichterung, Glück und Stolz. In diesem Jahr war mein Zieleinlauf beim Sommer Spine Race sicherlich mein emotionalster, weil er durch das Winterrennen eine Vorgeschichte hatte und ich zudem noch als Dritter ins Ziel kam. Das war unbeschreiblich!“

Wie geht es bei dir nun weiter?

„Im Januar 2019 geht es erneut zum Spine Race, denn ich habe ja im Januar mein Löffel in der Biwakschachtel vergessen (lacht). Mountain Rescue Darren Hunt wird dort mit dem Löffel auf mich warten! Im Mai steht ein weiterer Spendenlauf an: das Dragons Back Race in Wales. Mein erstes Etappenrennen und eines der härtesten Rennen dieser Art auf der Welt.“

Herzlichen Dank Jens, für dieses spannende Gespräch. Ich wünsche dir, auch im Namen von WRIGHTSOCK weiterhin viel Erfolg und viel Spaß bei deinen Läufen!

Strahlender Finisher: Jens Wackerhagen

So schaut ein strahlender Finisher aus: Jens Wackerhagen im Finish des Spine Race Fusion 2018.
Foto: YANNBB

STRIDE crew Edition Smiley

STRIDE crew, Sonderedition „Smiley“

Das eng anliegende Sockenmodell ist bestens geeignet für anspruchsvolles Gelände.

Jens über seine Lieblingssocke:

„Wie immer gehörten zu meiner persönlichen Pflichtausrüstung meine Lieblingssocken! Ob nun lang, kurz, mit Logo oder Smiley, Hauptsache es ist das Modell STRIDE. Meine Lieblingssocke ist die Smiley-Edition. Sie hat sicherlich bereits über 1500 km hinter sich und hat noch lange nicht genug. Das zum Thema Haltbarkeit, einfach spitze! Allein dass sie zwei Spine Race-Teilnahmen überlebt hat, sagt schon einiges aus.
Und ich hatte die verrückte Idee, den JUNUT mit meinen nagelneuen Scott Supertrac RC zu laufen. Kann man machen, aber viele würden das wahrscheinlich nicht empfehlen, noch dazu auf 100 Meilen. Genau so habe ich den JUNUT gefinisht und das komplett blasenfrei, denn meine WRIGHTSOCK haben mich nicht enttäuscht und einen perfekten Job geleistet.“

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